Histamin

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„Dass Histamin aus Lebensmitteln Symptome verursacht, ist nicht eindeutig nachweisbar!“

Die ungefähre Lesezeit beträgt 25 Minuten.

Amely Brückner ist Diplom-Oecotrophologin. Sie teilt ihr Wissen sowohl in der eigenen Praxis im niedersächsischen Jork mit ihren Patienten (vitality-coach-hamburg.de), als auch im Medizinicum in der Hamburger Innenstadt (brueckner@medizinicum.de) und in den Elbe-Kliniken Buxtehude und Stade. Im Interview zu Histamin räumt Brückner mit Mythen auf, erklärt, was die „Verlegenheitsdiagnose Histaminunverträglichkeit“ begünstigt und warum wir alle die Internetseite des Bundeszentrums für Ernährung unbedingt auf dem Schirm haben sollten.

Provokante Einstiegsfrage, weil sie mir wie eine der unbekannteren Intoleranzen vorkommt: Hista-was besprechen wir heute?

Amely Brückner: Ich würde nicht sagen, dass das so ist. Es gibt schon lange einen Hype um Histamin.

Finden Sie die Histamin-Intoleranz genau so bekannt wie die Laktose-Intoleranz?

Amely Brückner: Ziemlich ähnlich. Ich habe sehr viele Patienten, die mit dieser Fragestellung zu mir kommen. Wenn Sie Histamin-Intoleranz bei Google eingeben, dann finden Sie auf einen Schlag zweieinhalb Millionen Einträge. Bei Laktose-Intoleranz haben sie sechs Millionen. Es sind beides ziemlich gehypte Themen.

Können Sie die Histamin-Intoleranz denn ein bisschen näher charakterisieren? Worum handelt es sich dabei?

Amely Brückner: Histamin ist ein Stoff, der in unserem Körper gebildet wird oder durch die Nahrung zugeführt werden kann. Es ist ein Botenstoff und Gewebshormon mit vielfältigen Wirkungen. Histamin ist auch an vielen immunologischen Prozessen mitbeteiligt. Beispielsweise verändern sich die Histaminkonzentrationen im Blut während der Schwangerschaft. Außerdem ist es auch Mitverursacher für allergische Reaktionen. Da führt Histamin zu einer gefäßerweiternden Wirkung, was zum Beispiel den Abfall des Blutdrucks zur Folge hat. Als Entzündungsmediator ist Histamin für zahlreiche Folgereaktionen in unserem Körper verantwortlich: Bildung von Quaddeln, Verengung der Bronchien, aber auch Übelkeit und Erbrechen. Aufgrund dieser vielfältigen Wirkungen wird vermutet, dass bei einer Zufuhrt von Histamin von außen über die Nahrung allergische Reaktionen ausgelöst werden können. Allerdings ist es durchaus fraglich, ob das wirklich so ist!

Achso!? Spannend.

Amely Brückner: Die meisten Verdachtsfälle werden von Fachleuten angezweifelt. Das kann ich nur unterstreichen, weil ich in der Klinik, in der ich tätig bin, die Möglichkeit habe, eine Provokationstestung mit diesen Patienten zu machen. Da bekommen sie Kapseln gefüllt mit Histamin. Da wir aber auch mit Plazebokapseln arbeiten, wissen die Patienten nicht, wann und welche Menge sie wirklich an Histamin aufnehmen. Das Interessante ist dann, dass plötzlich gar keiner mehr reagiert.

Amely Brückner

Amely Brückner (Diplom-Oecotrophologin)

Amely Brückner

Amely Brückner (Diplom-Oecotrophologin)

Was ist denn stattdessen Ihr Verdacht, weshalb die Menschen Probleme haben? Kann man da überhaupt etwas Generelles sagen?

Amely Brückner: Also, erst einmal ist es ja so, dass Nahrungsmittelunverträglichkeiten insgesamt von den Patienten häufiger als objektivierbarer angenommen und beschrieben werden als sie nachweisbar sind. Verdachtsfälle lassen sich häufig gar nicht gut bestätigen, lassen sich aber auch nicht unbedingt ausschließen, weil wir keine sicheren Labormöglichkeiten haben. Die wünschen wir uns. Das hat auch die neue Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie, dem AeDA (Anmerkung der Redaktion: Ärzteverband Deutscher Allergologen), der GPA (Gesellschaft für Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin) und den österreichischen und schweizer Fachgesellschaften gezeigt, dass eigentlich alle Parameter, alle Untersuchungsmöglichkeiten zum Thema Histamin überhaupt nicht greifbar und valide sind. Die neue Leitlinie greift genau diese Diskrepanz auf und unterstreicht wieder einmal eine genaue Ernährungsanamnese und das wertschätzende, symptomorientierte, individuelle Arbeiten mit den Patienten.

Es gibt aber doch auch Texte über Histamin, die auf den Internetseiten von Bundesministerien stehen…

Amely Brückner: Für mich bindend ist die Leitlinie der immunologischen Fachgesellschaften. Da muss so etwas angesiedelt sein, da sitzen die Fachleute. Dass sie diese Leitlinie trotzdem geschrieben haben – die ist ja von 2021, also relativ frisch – ist passiert, um sich noch einmal anzugucken, welche Mechanismen es hinter der Fragestellung der Histamin-Intoleranz geben könnte. Denn: Einen Patho-Mechanismus (Anmerkung der Redaktion: Körpervorgänge, die zusammengenommen zu einer Krankheit führen) gibt es bisher nicht. Es geht also darum, wie ich als Ernährungsfachkraft oder Arzt oder auch als Patient mit dieser Fragestellung umgehe und wie ich mich wieder an Histamin herantaste. Denn letztlich sind damit ja auch viel Ängste verbunden. Aber noch mal: Ein kausaler Zusammenhang – also eine Ursache-Wirkung-Beziehung – von einer Aufnahme von Histamin durch Lebensmittel und auftretenden Symptomen ist nicht eindeutig nachweisbar!

Damit schmeißen Sie quasi all meine vorbereiteten Fragen durcheinander… – lacht – Nun gut. Dennoch kommen ja Menschen zu Ihnen, die vermuten, dass sie etwas nicht vertragen.

Amely Brückner: Genau. Und sie kommen häufig auch mit der Diagnose Histaminunverträglichkeit. Das ist häufig eine Verlegenheitsdiagnose – genauso wie Reizdarm aus meiner Sicht eine Verlegenheitsdiagnose darstellt. Die Patienten kommen mit der Messung der Diaminoxidase im Blut, der DAO (Anmerkung der Redaktion: Abbauenzym von Histamin im Körper). Wenn der Wert niedrig ist, gehen manche Ärzte von einer Histaminunverträglichkeit aus und empfehlen eine Ernährungsberatung. Dabei kann es sein, dass Patienten für sich oder auf Empfehlung zahlreiche verdächtige Nahrungsmittel vom Speiseplan streichen. Wenn sie zu mir kommen, stelle ich sogar erstmal die Diagnose infrage und fange mit dem Patienten und einer sehr ausführlichen Anamnese noch einmal neu an – das ist der richtige Weg.

Welche Beschwerden haben denn die Menschen, die mit dem Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit zu Ihnen kommen?

Amely Brückner: Die Patienten haben zwei Schwerpunkte, wenn Sie zu mir kommen. Der eine Schwerpunkt sind Bauchbeschwerden und sie vermuten eben, dass die immer dann auftreten, wenn sie ein histaminreiches Lebensmittel gegessen haben oder sogar verschiedene histaminreiche Lebensmittel – wenn also ein Summationseffekt auftritt. In dem Fall ist nicht mehr das einzelne Lebensmittel Verursacher, sondern die Probleme tauchen auf, weil sie drei verschiedene Lebensmittel verzehrt haben – gereiften Käse, luftgetrocknete Salami und dazu haben sie noch ein Glas Rotwein getrunken.

Andere Menschen haben Beschwerden im Sinne von allergischen Reaktionen. Das heißt, die Nase kribbelt und macht dicht, die Nasenschleimhäute schwellen also an. Vielleicht haben sie auch Halskratzen und die Lippen schwellen an. Das geht bis hin zu anaphylaktoiden Reaktionen, die diesen Lebensmitteln dann zugeschrieben werden. Ein Punkt, der in der Allergologie wichtig ist, ist allerdings der, dass eine Reaktion reproduzierbar sein muss. Das heißt: Immer, wenn ich das esse, muss ich im Grunde eine ähnliche Reaktion erwirken und bekommen. Das passiert in der Regel bei den Histamin-Verdachtsfällen nicht. Das heißt, ich lasse die Patienten ein Ernährungstagebuch schreiben, schaue mir sehr genau an, was sie verzehrt haben und wenn sie zum Beispiel nach dem Verzehr von Tomaten, die Histamin enthalten, mal reagieren und mal nicht, dann kann ich die generellen Probleme nicht einfach dem Histamin zuschreiben.

Ich finde, die Gruppe der histaminhaltigen Lebensmittel ist sehr viel schlechter zu greifen als beispielsweise die der Nahrungsmitten, die Milch beinhalten. Sie haben eben schon alten Käse, Wein, gereifte Wurst, aufgezählt – und Tomaten, die spätestens nicht mehr unter die Überschrift „lange gereift“ fallen würde. Haben Sie als Expertin vielleicht eine Eselsbrücke parat, wie man histaminhaltige Lebensmittel ausmacht.

Amely Brückner: Sie können natürlich in Tabellen nachgucken, die es im Internet gibt. Die vorherige Leitlinie präsentierte einen detaillierten dreistufigen Plan. Diese Tabelle gibt es in aller Ausführlichkeit in der neuen Leitlinie nicht mehr, weil es nicht darum geht eine Diagnose zu entkräften oder zu bekräftigen, sondern es geht darum den Patienten auf dem Weg zu einer Ernährung mit möglichst geringen Einschränkungen zu begleiten und zu unterstützen. Am Anfang sollte beim Patienten die individuelle Zufuhr von biogenen Aminen (dazu gehört Histamin), sofern sie überhaupt über ein Ernährungsprotokoll identifiziert werden konnte, beschränkt werden, um weitestgehend Beschwerdefreiheit zu erzielen. Häufig verbessern wir mit einer ernährungstherapeutischen Beratung dann die Nährstoffaufnahme, den Mahlzeitenrhythmus und die Bedingungen für eine gute Verdauung. So kann im zweiten Schritt das Ernährungsspektrum meist deutlich erweitert und die Lebensqualität deutlich verbessert werden. Damit legen wir einen Grundstein für die Wiedereinführung weiterer Lebensmittel, die vielleicht früher als verdächtige Auslöser gemieden wurden.

Das heißt: Leute mit Beschwerden sollen sich an Menschen wie Sie wenden, um herauszufinden, was denn da tatsächlich nicht richtig ist.

Amely Brückner: Absolut, genau. Um das noch mal ein bisschen aufzurollen: Histamin ist ein sogenanntes biogenes Amin, deswegen ist es ein Entzündungsmediator. Histamin ist wichtig für immunologische Prozesse, wirkt bei IgE-vermittelten Allergien (Anmerkung der Redaktion: durch Antikörper vom Typ Immunglobulin E vermittelte), da wird das Histamin über das Platzen der Mastzellen ausgeschüttet. Die Entzündungsreaktion, die dann folgt, ist ein Hilfeschrei des Körpers zur Entfernung dieser Allergene. Das ist quasi ein ganz normaler Prozess des Körpers, sich der Allergene zu entledigen.

Das Histamin, ein Gewebshormon, kann auf zwei verschiedene Weisen abgebaut werden. Ein Weg ist die Diaminoxidase, deswegen wird immer gern die DAO gemessen. Und dann gibt es noch einen zweiten Abbauweg über das sogenannte HNMT-Enzym, die Histamin-N-Methyltransferase. Das muss man sich nicht unbedingt merken. ABER wenn jetzt zum Beispiel durch die Einnahme von Antidepressiva der Weg über das HNMT gehemmt ist, dann könnte es – das wissen wir auch nicht ganz genau – zu einer Verschlechterung des Abbaus und zu einer Anreicherung von Histamin im Körper kommen. Das wäre eine Sache, die man überprüfen könnte.

Ansonsten muss man gucken, an welchen Krankheiten Histamin noch beteiligt ist. Es ist wichtig, dass andere so genannte Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden – das könnte zum Beispiel eine chronisch-spontane Urtikaria sein. Dabei bekommen Betroffene Quaddeln am Körper. Die Krankheit muss man ausschließen. Wenn Patienten Bauchbeschwerden haben, muss man schauen, ob sie eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung wie Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn haben. Man muss schauen, ob sie eine Zöliakie (eine sogenannte Glutenunverträglichkeit) haben oder eine Mastozytose. Das ist eine Erkrankung der Mastzellen, die Histamin beim Platzen freisetzen. Man muss schauen, ob die Patienten eine Medikamentenunverträglichkeit haben. Oder haben sie eine Allergie?

Diese Möglichkeiten sind zum Teil durch gute diagnostische Parameter auszuschließen. Man kann Morbus Crohn gut ausschließen, Zöliakie, man kann die Mastozytose gut feststellen. Man muss gegebenenfalls auch Kohlenhydrat-Verwertungsstörung abklären. Reagiert jemand statt auf Histamin auf Fruktose, Laktose, Sorbit? Hatte er vielleicht eine Fehlbesiedelung im Dünndarm? All diese Dinge müssen wir ausschließen, bevor ich mich dazu verleiten lasse, zu sagen: „Da hat der Patient vielleicht doch mit Histamin assoziierte Beschwerden“. Einer der wichtigsten Parameter neben diesen Testungen, die wir in der Klinik durchführen, ist das Auslesen eines Ernährungstagebuchs. Alle anderen Messungen wie die DAO-Aktivität im Blut, ein spezieller Pricktest oder auch Messungen in Stuhlproben sind laut der Leitlinie nicht aussagekräftig und damit nicht für die Beurteilung einer möglichen Histaminintoleranz geeignet. Das bringt nichts. Das ist alles nicht valide und das steht auch in der Leitlinie ganz deutlich so drin.

Es klang vorhin bei Ihnen ein bisschen so, als wenn Medizinern bei Unverträglichkeiten ein wenig der ganzheitliche Blick fehlen würde. War dem so oder habe ich mich da verhört?

Amely Brückner: Histaminunverträglichkeit ist eine sogenannte Verlegenheitsdiagnose. Sehr häufig grenzen Patienten Bauchbeschwerden, die sie haben ein, indem sie sagen: Ich weiß, das liegt an bestimmten Nahrungsmitteln. Wenn der Arzt sagt „Ah ja, okay, das klingt nach einer Intoleranz“, dann wird das sehr häufig festgeschrieben. Viel Diagnostik bedeutet, sich viel zu kümmern und das ist häufig sehr aufwendig.

Ich gucke mir Ernährungstagebücher sehr genau an. Ich prüfe, ob da bezüglich anderer Nahrungsmittel Ungereimtheiten bestehen, die auch eine Ursache sein können. Wenn dann im Grunde nichts mehr übrigbleibt, kann man so eine dreistufige Ernährungsumstellung machen. Die bedeutet aber nicht, dass man vollständig auf Histamin verzichtet! Wir fahren einfach die Histamine runter und das entlastet ja häufig schon mal emotional-psychisch. Allerdings darf man sich auch nicht vertun: Viele Patienten lassen ja von allein schon ganz viel weg. Die kommen in die Praxis und sagen: Ich esse schon keine Tomaten mehr – oder nehme nur eher leicht Verdauliches zu mir. Dann wird Blumenkohl gegessen, Brokkoli, Tiefkühlkost oder so etwas. An viele andere Dinge trauen sich im Grunde gar nicht mehr heran. Das ist aber das, wo wir die Patienten wieder hinführen möchten.

Es kann aber schon auch mal vorkommen, dass ein Patient glaubhaft vermittelt, dass er auf Histamin reagiert und ich das Tagebuch analysiere und denke: Das ist ja interessant, dass er immer bei alkoholischen Getränken oder bei überreifen Obstsorten, bei Tomaten, oder, oder, oder hat der Patient diese für ihn histaminassoziierten Reaktionen – ob das jetzt Bauchbeschwerden sind oder es in der Nase juckt. Dann gucken wir erst mal, dass wir derartige Kost runterzufahren, bis der Patient weitestgehend beschwerdefrei ist. Das ist die Idee. Das heißt: Ich gehe bei einem Patienten erst einmal davon aus, dass er noch alles isst. Dann würde man eben in so eine diagnostische Diät einsteigen und sagen: Okay, wir wollen eine möglichst pflanzenbasierte Ernährung, Mischkost mit einer eingeschränkten Zufuhr an biogenen Aminen und dazu gehört Histamin. Das muss natürlich immer möglichst bedarfsgerecht sein. Der Patient soll ja keine Mangelernährung erleiden.

Worauf wir versierten Ernährungsfachkräfte besonderen Wert legen, ist eben auch, dass genügend Milchprodukte da sind, vor allem genügend Sauermilch-Produkte. Denn durch ein „Ansäuern“ des Dickdarms, durch säurebildende Bakterien im Dickdarm stützen wir das Immunsystem. Dafür nutzen wir beispielsweise stichfesten Naturjoghurt. Außerdem werden eher leicht verdauliche Gemüsesorten verwendet – besonders jetzt im Sommer haben wir da ein reichhaltiges Spektrum. Fermentierte Produkte hingegen würde man erst einmal eher nicht einsetzen. Wenn der Patient mit der neuen Zusammensetzung der Mahlzeiten gut zurechtkommt, macht man das für zehn bis vierzehn Tage und versucht anschließend langsam, die Ernährung wieder histaminreicher zu machen. Das ist eine Art Testphase. Da integriert man dann beispielsweise wieder alkoholhaltige Getränke, wenn die zum Leben dazugehören, vielleicht auch Zitrussäfte, vielleicht auch Tomaten oder Tomatensaft oder auch fermentierte Produkte wie zum Beispiel Tofu, Tempeh oder so etwas. Man guckt dann auch, dass man Lebensmittel, die gar nicht unbedingt histaminreich sind, aber den Magen-Darm-Trakt vielleicht ein bisschen durcheinander gebracht haben wie Kohlsorten, wieder in den Speiseplan zu integrieren. Man fängt mit bekömmlichen Sorten wie Kohlrabi oder Spitzkohl an und baut so langsam die Ernährung wieder auf.

Man isst nicht gleich Sauerkraut.

Amely Brückner: Nein, Sauerkraut ist ja sogar fermentiert. Kohl ist faserreich. Die unverdaulichen Pflanzenbestandteile bewirken eine zügigere Weiterleitung des Speisebrei im Darm. Manche Patienten vermuten, dass dies auf die Wirkung von Histamin zurückzuführen ist. Das ist eben schwierig auseinander zu halten.

In der dritten Phase schaut man einfach, was geht und integriert möglichst auch solche Lebensmittel, schaut vielleicht noch mal ein wenig auf die sogenannten Summationseffekte. Denn: Wenn ich – und Sie vielleicht ja auch – viel gereiften Käse esse, schöne alte Salami, luftgetrockneten Schinken und dann noch Alkohol trinke, dann kann es jedem am nächsten Tag schlecht gehen. Das ist einfach Fett plus Alkohol. Man muss den Patienten auch ein wenig aufklären darüber, was zu einer gesunden Ernährung gehört und was nicht.

Müssen Sie derartige Grundlagenarbeit oft leisten? Spricht sich das in der Gesellschaft so langsam herum?

Amely Brückner: Ja, gesunde Ernährung spricht sich sehr langsam rum, weil es natürlich auch nicht populär ist. Gemüse ist erst einmal nicht sexy, obwohl ich das natürlich genau anders sehe. In der Regel wird Gemüse nach der Ernte über Großhändler in den Supermärkten und Discountern, nur zu einem kleinen Teil auf dem Markt angeboten. Für Gemüse gibt es wenig Werbung, das kommt nur sporadisch vor. Der Großteil der Produkte, für die Werbung gemacht wird, sind hochprozessierte Produkte.

Wenn Patienten sich über Hintergründe und ganz konkrete Empfehlungen informieren wollen, ist für mich das Bundeszentrum für Ernährung das Kompetenzzentrum für Ernährung in Deutschland, eine ganz seriöse Plattform, für die ich auch arbeite. Da sitzen wirklich gute Leute. Aber das ist nicht die Anlaufstelle, bei der sich Verbraucher zu Ernährung erkundigen. Dabei müssten sie genau da hin. Da kann man als Verbraucher mit die besten Informationen finden.

Das ist ein guter Tipp zum Abschluss. Ich danke Ihnen dafür – genau so wie für Ihre Zeit.

Finger weg von altem Räucherfisch!

„Noch ganz wichtig: Es gibt Dinge, in denen ist so viel Histamin drin, dass man sich damit auch vergiften kann. Dazu gehören zum Beispiel überlagerte Fischkonserven oder überlagerter Räucherfisch, mehrfach aufgewärmte Fisch- und Fleischgerichte. Diese Nahrungsmittel bilden Histamin. Davon kann man tatsächlich richtige Reaktionen haben wie etwa diese Quaddeln, Rötungen oder auch die klassischen Magen-Darm-Beschwerden. Mir kann übel werden, ich kann mich erbrechen oder Durchfall bekommen. Also: Dinge, die reifen oder lagern enthalten mehr Histamin als frische.“ (Amely Brückner)

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Juliane Klug

Als Redakteurin liebt es Juliane, in immer neue Themen einzutauchen. Wenn sie anderen Menschen komplexe Dinge verständlich näherbringen kann, ist sie in ihrem Element. Seit dem Frühjahr 2022 sorgt Juliane im Marketing-Team von Citycare24 für Content.

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