Reizdarm

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Ausschluss-Diagnose Reizdarm

Die ungefähre Lesezeit beträgt 20 Minuten.

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Wenn jemand teils heftige Magen-Darm-Probleme durchlebt, aber alle Untersuchungen ins Leere laufen; also sämtliche organische Krankheiten und Lebensmittelallergien ausgeschlossen sind, dann sprechen Mediziner und Medizinerinnen von einem Reizdarm. Das heißt allerdings ganz und gar nicht, dass die Betroffenen eigentlich nichts haben!

Inhaltsverzeichnis

Einheitlicher Krankheitsgrund? Fehlanzeige.

Einige Frauen und Männer plagen jeden Tag viele Durchfälle und häufige Blähungen, andere ein stetiges Völlegefühl und Bauchkrämpfe. Dann gibt es Menschen, denen übel ist. Bei wieder anderen wechseln Verstopfung und akuter Durchfall einander ab. Die Symptome eines Reizdarm-Syndroms (kurz RDS) sind vielfältig.

Auch bei den Auslösern gibt es kein einheitliches Bild. „Vor allem bei Menschen, deren Reizdarm zu Durchfall führt, kann die Ursache eine Magen-Darm-Infektion sein, die Wochen, Monate oder sogar Jahre zurückliegen kann. Wie Viren, Bakterien oder andere Erreger den Reizdarm auslösen, ist noch nicht ganz klar. Möglicherweise aktivieren sie das Darm-Immunsystem dauerhaft“ (Apotheken-Umschau). Dazu gehört etwa eine Salmonelleninfektion. In demselben Artikel ist auch die Rede davon, dass bei der Hälfte der Menschen, die mit der von Diarrhö geprägten Variante des RDS leben, ein gestörter Gallensäurestoffwechsel festgestellt worden ist. Bei wieder anderen Betroffenen könnte ein Antibiotikum die Darmflora durcheinandergebracht haben (NDR). Was mit Sicherheit allen Erkrankten gemein ist, ist eine Störung der Darm-Hirn-Achse.

Die Darm-Hirn-Achse

Was sich dahinter verbirgt? Mithilfe des Vagusnervs kommunizieren das zentrale Nervensystem (Bahnen im Gehirn und Rückenmark), das vegetative Nervensystem (regelt nicht-steuerbare Abläufe wie Herzschlag, Atmung, Stoffwechsel) und das Darmnervensystem miteinander (Apotheken-Umschau). Bei Reizdarm-Patientinnen und -Patienten ist das Bauchhirn demzufolge fehlgesteuert. Das kann anstrengende Auswirkungen auf den Alltag der Betroffenen haben – auf das Privatleben, auf die Arbeit, auf die Freizeitgestaltung. Viele Betroffene überlegen sich deshalb zweimal, ob sie an Ausflügen oder Treffen teilnehmen. Und wenn sie sich dafür entscheiden, ist mentales Kartenmaterial mit gut erreichbaren öffentlichen Toiletten ganz sicher immer dabei.

Hat jemand dauerhaft mit Darmproblemen zu tun, sollte er oder sie zunächst andere körperliche Erkrankungen ausschließen. Blut- und Stuhluntersuchungen sind allgemein oft die ersten Schritte auf der Suche nach einer Diagnose. Daran könnten sich der Apotheken-Umschau zufolge Tests auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Laktose, Fruktose oder Gluten anschließen. Hinweis an dieser Stelle: fallen diese Tests negativ aus, heißt das nicht, dass Betroffene nicht sensibel auf größere Mengen davon reagieren können, sondern lediglich, dass sie keine Allergie oder absolute Intoleranz haben.

Mindestens zwölf von 52 Wochen

Für Frauen, die RDS öfter betrifft als Männer, bietet sich womöglich auch eine gynäkologische Untersuchung an. Außerdem führt der Weg der Betroffenen meist auch in eine gastroenterologische Facharztpraxis, weil eine Darmspiegelung, eine sogenannte Koloskopie, ansteht oder eine Ultraschalluntersuchung des Bauchraumes (Apotheken-Umschau). Kommt bei den Tests und Screens kein organischer Befund heraus, so ist ein Reizdarmsyndrom sehr wahrscheinlich. Voraussetzung hierfür ist allerdings auch, dass die Darmbeschwerden mindestens zwölf der 52 Wochen eines Jahres betreffen (NDR).

An dem eben beschriebenen Szenario lässt sich gut erkennen: Für viele Patienten und Patientinnen, die beschließen, ihren Beschwerden auf den Grund zu gehen, folgt ein Langstreckenlauf von Mediziner zu Medizinerin und von einer Praxis zur nächsten. Aber auch für Ärztinnen und Ärzte ist die Diagnose oft nicht leicht oder schnell zu stellen. Denn: „Erstens unterscheiden sich die Beschwerden von Patient zu Patient ziemlich und können sich im Laufe der Zeit verändern. Zweitens können andere Krankheiten ähnliche Symptome hervorrufen. Drittens gibt es bislang keinen Test, mit dem sich ein Reizdarm eindeutig nachweisen lässt“ (Apotheken-Umschau).

Stress ist kontraproduktiv

Dass es diesen Test nicht gibt, kann für Betroffene zusätzlichen Stress bedeuten. Schließlich heißt eine Ausschlussdiagnose, dass sie eben zahlreiche Dinge nicht haben, ihre Probleme anderen gegenüber erst einmal nicht begründen können und ihnen – direkt oder indirekt – hin und wieder abgesprochen wird, dass ihre Beschwerden real sind. Stress ist – wie so oft im Leben – auch an dieser Stelle ungesund. Er kann beispielsweise Symptome wie spontane Durchfälle noch verstärken und Angststörungen begünstigen. Diese tauchen häufig parallel zum Reizdarmsyndrom auf, genau so wie Kopf- oder Rückenschmerzen oder generell eine Schmerzerkrankung (Fibromyalgiesyndrom) und Anzeichen von Depressionen, zählt die Autorin des Artikels in der Apotheken-Umschau auf. Die genannten psychischen Komponenten bedeute aber keineswegs, dass es sich beim Reizdarm-Syndrom um ein psychisches Leiden handelt. Oder anders ausgedrückt: Die Symptome können durch den Geist verstärkt werden, haben ihn aber nicht als Ursprung.

Ernährung und Lebensmittelsensitivität

Daneben spielt natürlich auch die Ernährung eine Rolle. Diese sollte generell ausgewogen sein und möglichst wenige verarbeitete Lebensmittel beinhalten. Reizdarm-Besitzerinnen und -Besitzer merken manchmal selbst, dass ihnen beispielsweise zu fettige, zu saure oder scharfe Gerichte wortwörtlich auf den Magen schlagen oder der allabendliche Rohkost-Salat für ihren Verdauungstrakt zu viel ist. Andere Frauen und Männer merken, dass sie sich übelriechende Blähungen ersparen, wenn sie zu Milchersatzprodukten greifen. Um herauszufinden, welche Lebensmittel oder Bestandteile davon womöglich auch ohne konkrete Allergie nicht so verträglich für die oder den jeweiligen Darmbesitzenden sind (Stichwort: Sensitivität), haben Experten zuletzt vermehrt auf die sogenannte Fodmap-Diät zurückgegriffen.

Das Akronym Fodmap steht dabei für „fermentierende Oligosaccharide, Disaccaride, Monosaccaride und Polyole. Es handelt sich dabei also um bestimmte Zuckerarten, die im Dickdarm von Bakterien verstoffwechselt werden, wenn sie nicht in ausreichendem Maße zuvor im Dünndarm abgebaut wurden“ (Apotheken-Umschau). Sorbitol, Fruktose, Laktose, Raffinose und Stachyose gehören dazu. Doch Maßnahmen wie etwa den eigenen Essensplan auf Fodmap-frei umzustellen, sollte niemand ohne ärztliche Begleitung oder eine Ernährungsberatung an seiner Seite tun.

Profis zu Rate ziehen

Das ist generell ein gutes Stichwort: Bei diesem Text handelt es sich nicht um einen wissenschaftlich fundierten Fachartikel. Wenn jemand körperliche Probleme oder Erkrankungen plagen, sollte sie oder er in jedem Fall immer jemanden vom Fach zu Rate ziehen – sich an den Hausarzt oder die Hausärztin wenden, eine Praxis für Gastroenterologie ansteuern oder bei einer Ernährungsberatung vorsprechen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Einige Symptome, die Menschen mit einem Reizdarm haben, lassen sich womöglich mit Probiotika, Präbiotika (für die Darmflora), einer eingestellten Ernährung und gewissen Stressbewältigungsmethoden verbessern. Außerdem kann sich das Syndrom so unvorhergesehen, wie es gekommen ist, in manchen Fällen auch wieder erledigen: „Ein Reizdarm kann sich spontan zurückbilden, verläuft aber häufig chronisch“ (Apo-Umschau). Aber egal, wie der jeweilige Stand oder Krankheitsverlauf ist: Allen Betroffenen hilft es in jedem Fall, wenn sie nicht merkwürdig oder angeekelt angeschaut werden, falls sie über ihre Probleme sprechen oder mal Verdauungsgeräusche durch die Badezimmertür dringen sollten. Für die Enttabuisierung machen sich unter anderem Personen wie Karina „Kiki“ Spiess stark, die selbsternannte Kackfluencerin (siehe Infokasten).

Kiki die #kackfluencerin

Hinter dem Hashtag kackfluencerin verbirgt sich die Hamburgerin Karina Spiess, die sich selbst Kiki nennt (online zu finden als kikidoyouloveme). Die Mittzwanzigerin lebt mit einem Reizdarm sowie einer Angststörung und hat sich zur Aufgabe gemacht, beide Themen zu enttabuisieren. Auf Social-Media-Kanälen wie Tik Tok und Instagram kann ihre Followerschaft Kiki in ihrem Alltag begleiten. Dieser beinhaltet unter anderem auch Geschichten wie die über eine Socke ihres Freundes, die bei einem Ausflug in die Natur zu Beginn ihrer Beziehung spontan als Klopapier-Ersatz hergehalten hat.

Einigen generellen Informationen sowie den markierten Zitaten liegen folgende Quellen zugrunde:

wmn – Funke Digital GmbH (Link), Stand: 09. Juni 2023.

Apotheken Umschau (Link), Stand: 09. Juni 2023.

KZBV – Kassenzahnärztliche Vereinigungen (Link), Stand: 09. Juni 2023.

Doctolib GmbH (Link), Stand: 09. Juni 2023.

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Juliane Klug

Als Redakteurin liebt es Juliane, in immer neue Themen einzutauchen. Wenn sie anderen Menschen komplexe Dinge verständlich näherbringen kann, ist sie in ihrem Element. Seit dem Frühjahr 2022 sorgt Juliane im Marketing-Team von Citycare24 für Content.

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